
von Katharina Dielenhein
1. Die Stimme aus dem Nichts
Als ich zum ersten Mal das Gemurmel gehört habe, dachte ich: „Jetzt ist es so weit. Du wirst verrückt.“ Beim zweiten Mal nahm ich kein reines Murmeln mehr wahr, sondern hin und wieder auch ein Wort. Techniker. Bühne. Kommen. Diesmal war ich sicher: Da sprach doch jemand. War ich doch nicht verrückt? Ich blickte um mich und suchte nach der Quelle der flüsterleisen Stimme. Auf dem Flur? Nichts. Das Nebenbüro? Leer. Draußen vor dem Fenster? Fehlanzeige. Als die Geräusche anhielten, schloss ich die Augen und versuchte, die Geräuschquelle zu orten. Über mir hing ein Lautsprecher. Und dort schien die Stimme auch herzukommen. Hatte die Kollegin mir nicht schon vor Monaten, noch während meiner Bewerbungsphase, erzählt, dass ich mithören konnte, was im Großen Haus passiert, wenn dort geprobt wird? An der Tür entdeckte ich einen Drehschalter; und siehe da: Die Stimme wurde lauter. Und ich verstand. Während der Proben höre ich auf diesem Wege die Stimme der Inspizientin oder des Inspizienten. Auf diesem Weg erfahren unter anderem Künstler oder Bühnentechniker, wenn sie gebraucht werden beziehungsweise wenn ihr Auftritt bevorsteht. So sind sie rechtzeitig da, egal, wo im Haus sie sich gerade befinden.