Lenz geht live
von Elisabeth Pape nach Motiven von Georg Büchner · Uraufführung · Auftragswerk des Theaters Koblenz
Lenz wandert alleine ins Gebirge in der Hoffnung, ihren Seelenfrieden (wieder) zu finden. Die sie umgebende Natur ist atemberaubend, nimmt ihr aber in einem Maße die Orientierung, dass sie in Panikattacken ausbricht – gefangen in einem Auflösungsprozess, den sie nicht aufhalten kann. Sie ist auf der Flucht, aber ihre Dämonen folgen ihr. Um sich nicht vollends zu verlieren, postet sie Gedichte und Fotos auf Social Media. Aber die Bilder verrutschen ihr, zeigen seltsam unscharfe Ausschnitte, die Texte können ihren Zustand nicht beschreiben, geschweige denn erleichtern. Und gleichzeitig dringen die Nachrichten aus der Community nicht zu ihr durch: Kein Empfang, die Isolation fühlt sich gigantisch an.
Lenz sucht Ruhe, eine Pause für ihren erschöpften Kopf und Hilfe durch die spirituelle Anleitung einer Body-and-Mind-Influencerin, einer Art Guru der Seelenreinigung, die ihre Ratschläge („Mindfulness-based-Stress-Reduction“) digital und für die ganz Mutigen auch in Präsenz inmitten der Berge anbietet. Doch die Begegnung mit Lenz ist eine Herausforderung, an der diese schnell zu scheitern droht.
Elisabeth Pape, Jahrgang 1995, hat szenisches Schreiben an der UdK studiert. Für das Theater Koblenz hat sie 2022 Tschechows „Der Kirschgarten“ neu bearbeitet und ergänzt. 2023 erhielt Elisabeth Pape das Leonhard-Frank-Stipendium vom Mainfranken Theater Würzburg sowie den Kleist-Förderpreis für ihr Stück „Extra Zero“. „Lenz geht live“ ist ein kluger und zugleich aufwühlender Text in Anlehnung an die Erzählung von Georg Büchner aus dem Jahre 1839, der in der Frage nach dem spirituellen Selbst, in der Angst davor, den Verstand zu verlieren und sich selbst zu zerstören, bedrückend aktuell ist.
„Büchners Erzählung „Lenz“ konzentriert sich auf die Entfremdung von der Realität des Hauptprotagonisten Lenz. Hierbei stützt sich Büchner auf die wahren Erlebnisse des Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz. Charakteristisch sind die hochpathologischen Zustände und gravierenden Wahnvorstellungen des jungen Lenz in Büchners Erzählung. Mein Lenz, wird meinE Lenz – eine weiblich gelesene Person. Ich siedle sie in der Gegenwart an.“ (Elisabeth Pape)
Spielort
Probebühne 4
Altersempfehlung 14+
Besetzung
Inszenierung
Marie-Theres Schmidt
Bühne
Christina Pointner
Eine kleine Reise durch das Tal, über Gipfel, über Gipfel, über Gipfel, Übergipfel, weit und breit niemand, kein Internet, Loch, keine Menschenseele, ein Loch. Ein Wurmloch.
„Da die entrückte Wahrnehmung von Lenz sich hauptsächlich in Naturschilderungen widerspiegelt, habe ich in meiner Überschreibung von Lenz eine andere Form finden wollen, die diese Entrückung und die Sprache dafür findet. Dafür geht Lenz live. Sie fängt an das Internet dafür zu nutzen, um ihre Wahrnehmung der Welt der Community mitzuteilen, Bild-Beiträge zu posten und diese mit Lyrik oder wirren Textbeiträgen zu untermalen.“ (Elisabeth Pape)